Das mit der Politik und der Demokratie haben die alten Griechen erfunden. In Athen trafen einander die Bürger der Stadt regelmäßig auf einem großen Versammlungsplatz, um alle Angelegenheiten auszudiskutieren, die die Gemeinschaft, also die Polis (das heißt Stadt auf Griechisch), betrafen. Die hier von der Mehrheit getroffenen „politischen“ Beschlüsse galten für alle. Dadurch wurde verhindert, dass Tyrannen im Alleingang entscheiden, über die Bürger drüberfahren oder diese gar in einen Krieg schicken konnten, den diese nicht selber wollten. So viel anders läuft das heute bei uns auch nicht. Der Unterschied ist, dass damals nur ein paar Tausend Männer stimmberechtigt waren, während die rechtlosen Frauen und Sklaven schon froh sein konnten, wenn der Herr nicht die Peitsche sprechen ließ. Dank des Bevölkerungswachstums bestimmen heute ein paar Millionen Menschen mit, das macht es mit der Versammlung aller auf einem Platz ein bisserl schwierig. Darum übergeben wir unsere Stimmen alle paar Jahre an bezahlte Politiker, die viele Themen für uns ausdiskutieren und entsprechende Beschlüsse fassen, während wir unseren Angelegenheiten nachgehen können. Wenn wir zufrieden waren, kriegen sie die Stimme wieder. Wenn nicht, dann nicht.
Warum ich jetzt mit so etwas Grundsätzlichem daherkomme? Weil ich mich geärgert habe, und zwar in letzter Zeit sogar öfter. Und zwar jedesmal, wenn bei einer Podiumsdiskussion oder einer Pressekonferenz oder sonstwo sich die Leute ganz rasch darüber einig sind, dass eh alles super wäre, wenn die Politiker nicht so ahnungslos und wankelmütig wären, sondern einfach auf die Experten hören würden. Neulich hab ich sechs Leute auf einem Energiepolitik-Podium (S. 57), die sich in puncto Politiker-Beschimpfung einig waren, gefragt, was sie denn in Sachen Energiepolitik für wichtig und richtig erachten. Es kamen sechs verschiedene Antworten. Sechs verschiedene Experten haben sechs verschiedene Meinungen zu ein und demselben Thema – verlangen aber von den Politikern, dass diese doch bitte bloß auf die Experten hören müssten, dann wäre alles gut. Kann mir bitte jemand erklären, wie das funktionieren soll, wenn jeder „Experte“ was anderes sagt?
Wir haben nur unsere Wählerstimmen an die Politik delegiert, nicht unser Denk- und Handlungsvermögen. Zwischen den einzelnen Wahlgängen diskutieren wir laufend wichtige Angelegenheiten und treffen täglich Entscheidungen, die Folgen für die Allgemeinheit haben. Jeder Einzelne macht in diesem Sinne jeden Tag „Politik“, ob er dabei auf einem Hügel in Athen sitzt oder im Büro oder auf einer Baustelle schwitzt. Und hier kommt mein Angebot: Der nächste, der fünf Minuten über „politische“ Dinge reden kann, ohne alle Politiker pauschal für blöd zu erklären, bekommt von mir eine Flasche griechischen Wein geschenkt. Versprochen!
Editorial 11_2013
Politik? Demokratie? Find`ich super. Ehrlich!
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