Heizung

Energiewende ist mehr als eine reine Stromwende

ÖVGW/Richard Tanzer
Univ. Prof. Dr. Harald Raupenstrauch, Professor für Thermoprozesstechnik an der Montanuniversität Leoben (l.) und DI Michael Haselauer, Vizepräsident der Österreichischen Vereinigung für das Gas- und Wasserfach (ÖVGW) und Geschäftsführer der Netze Oberösterreich (r.) beim Pressegespräch in Wien.
ÖVGW/Richard Tanzer

Gas ist eine essentielle Säule einer nachhaltigen Energiewende“, gibt der Leobener Professor Raupenstrauch zu bedenken: Denn mit einer Strategie, die vor allem auf Ökostrom setzt, könnten weder die Klimaziele erreicht noch der Industriestandort Österreich am Laufen gehalten werden. Dafür braucht es erneuerbares, klimaneutrales Gas.

von: Redaktion

 „Die österreichische Energieversorgung ausschließlich auf Strom auszurichten wird sich in absehbarer Zukunft nicht ausgehen“, rechnet Univ. Prof. Dr. Harald Raupenstrauch, Professor für Thermoprozesstechnik an der Montanuniversität Leoben, vor. Hingegen hält er es für „ausgesprochen sinnvoll“ dem Gasnetz alternative Grüne Gase wie Biomethan und Wasserstoff beizumengen. „Schon alleine die Gasnetze und Gasspeicher zu nutzen ohne neue Netze bauen zu müssen, ist unglaublich effizient und ein unverzichtbarer heimischer Standortvorteil“, wie er sagt.Ins gleiche Horn stößt Michael Haselauer, Vizepräsident der Österreichischen Vereinigung für das Gas- und Wasserfach (ÖVGW) und Geschäftsführer der Netze Oberösterreich: „Erneuerbare klimaneutrale Gase sind ein zentraler Teil der Energiezukunft unseres Landes und sichern den Industriestandort Österreich ab.“ Die ÖVGW hat die Aufgabe, die technischen Voraussetzungen für den Wechsel von fossilem auf grünes Gas zu schaffen. Haselauer nimmt aber auch die Politik in die Pflicht. Seit Jahrzehnten wird Ökostrom erfolgreich gefördert. Für Grünes Gas braucht es jetzt das gleiche Förderregime im Erneuerbaren Ausbau Gesetz (EAG) sowie einen technologieübergreifenden Zugang statt Gebote und Verbote.

„Gas gerade auch im städtischen Bereich sinnvoll“
Raupenstrauch erläutert: „Eine Gasversorgung bei vorhandener Infrastruktur, wie zum Beispiel im städtischen Bereich, ist auch in Zukunft sinnvoll, da auf diese Weise der Wärmebereich rasch, kosteneffizient und nachhaltig auf erneuerbare, klimaneutrale Beine gestellt werden kann.“
Mit einer reinen Stromstrategie aus erneuerbaren Quellen wie Wind, Wasser und Sonne werde die Energiewende laut dem Experten aufgrund der Verfügbarkeit nicht zu machen sein. „Das Hauptproblem in der aktuellen Diskussion sehe ich nicht zuletzt darin, dass jede produzierende Branche das gesamte verfügbare Potenzial an grünem Strom für sich beansprucht. Dafür wird in naher Zukunft nicht genügend erneuerbarer Strom zur Verfügung stehen“, betont Studienautor Raupenstrauch. Des Weiteren basieren viele ausgereifte industrielle Prozesse auf einer Gasversorgung und eine Umstellung auf Strom als Energiequelle ist prozessbedingt nicht möglich oder ineffizient.
Eine wichtige Frage ist zudem, wie sich Überschussstrom aus erneuerbaren Energieträgern wie Wind und Sonne speichern lässt. Dabei spielt Gas eine Schlüsselrolle: Die Umwandlung von überschüssigem Ökostrom in Wasserstoff ist eine geeignete Speichertechnologie, da sie bereits funktioniert und der grüne Wasserstoff einfach in das bestehende Gas-Verteilernetz eingespeist werden kann. „Die vorhandene Gasinfrastruktur weiterhin zu nutzen hat seine Vorteile und ist effizient“, sagt der Professor.

Perfekte Mischverhältnisse
Im Rahmen der aktuellen Studie „Verbrennungstechnische und sicherheitsrelevante Anforderungen in Hinblick auf einen erhöhten Biogas- und Wasserstoffanteil im Erdgas“ hat das Team des Lehrstuhls für Thermoprozesstechnik geprüft, wie viel Biogas beziehungsweise Wasserstoff problemlos ins Gasnetz eingespeist werden kann. Im Zuge dessen wurde das Brennverhalten unterschiedlicher Gas-Mischungen studiert: Erdgas gemischt mit Wasserstoff oder mit Biogas. „Das kriegt man in den Griff“, bringt Raupenstrauch die Ergebnisse auf den Punkt. Die wichtigsten Erkenntnisse aus der Studie:
•    Biogas in Form von Biomethan kann ohne weitere Adaptierungen am Brenner fossiles Gas zu 100 Prozent ersetzen.
•    Ohne Einstellungen am Brenner zu ändern, können problemlos vier Prozent Wasserstoff beigemischt werden.
•    Werden die Brennereinstellungen an die Gas-Mischung angepasst, können dem Erdgas zehn Prozent Wasserstoff beigemengt werden. „Und zwar ohne wirklich viel an der Brennertechnik verändern zu müssen“, wie Raupenstrauch betont. Das erklärte Ziel der Gaswirtschaft ist die schrittweise Umstellung von fossilem auf rein erneuerbares Gas.

Realismus und Nachrechnen
Szenewechsel von der Industrie in die Haushalte. Die Einspeisung von Grünen Gasen und die Nutzung der vorhandenen Gasinfrastruktur ist ein wichtiger Schritt zur Dekarbonisierung der Haushalte. Raupenstrauch betont: „Alle österreichischen Haushalte mit grünem Strom zu beheizen wird sich nicht ausgehen. Wir haben einfach nicht ausreichende Strommengen zur Verfügung, um Mobilität und Industrie abzudecken und dann auch noch mit Strom zu Hause zu heizen.“


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