Die Bau- und Immobilienbranche befindet sich in einem Veränderungsprozess. Themen wie ethisches Handeln spielen eine zentrale Rolle. Eine treibende Kraft ist dabei die Österreichische Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI), welche 2009 als Verein gegründet wurde.
Zertifizierung möglich
In Kooperation mit der Initiative Corporate Governance (ICG) hat die ÖGNI eine zusammenhängende Systematik bestehend aus Empfehlungen und Kodizes erstellt. In Österreich sind bereits sechs Unternehmen zertifiziert, zahlreiche weitere Unternehmen beschäftigen sich aktiv mit den Fragestellungen.
Herr MMag. Kaufmann, wie kamen Sie als Gründungspräsident der ÖGNI auf das Thema „Ethik am Bau”?
Philipp Kaufmann: Ich habe mich wissenschaftlich auf der WU Wien mit dem Thema Ethik beschäftigt und sehe Nachhaltigkeit immer schon breiter als nur die Frage nach der Verwendung von ökologischen Baustoffen.
Was sind Ihre größten Kritikpunkte?
Kaufmann: Wir leben derzeit leider in einem Gegeneinander und selten in einem Miteinander. Das Schlagwort „Claim Management” ist für mich persönlich ein Unwort, da es hierbei von vornherein nicht um Qualität und Leistung geht, sondern um die rechtliche Frage, wie einzelne Akteure ihre Interessen durchsetzen können. Wir brauchen einen Wandel der gelebten Baukultur: von Einzelkämpfern hin zu Teams mit einer heterogen Zusammensetzung – integral, partnerschaftlich und innovationsfreudig.
Leider ist unsere Branche anfällig für Bestechung und Korruption. In diesem Bereich haben wir noch einen großen Handlungsbedarf, und aus diesem Grund stehen wir vor einem Paradigmenwechsel hin zur Nachhaltigkeit, bei der gemeinsame Werte die Grundlage des Zusammenarbeitens bilden. Wir sprechen hier von Professionalität, Integrität, Transparenz und Fairness. Vier Wörter, die so einfach ausgesprochen sind, aber in der Umsetzung viel abverlangen – von jedem Einzelnen. Am Ende soll unsere Branche für die Besten der Besten so interessant sein, dass jeder bei uns arbeiten möchte und wir gemeinsam erfolgreich sind.
Treffen Ihre Aussagen auch auf die Haustechniker in den Bereichen Heizung, Lüftung, Klima und Sanitär zu?
Kaufmann: Ja. Gerade dieser Bereich steht unter besonderem Veränderungsdruck. Davon sind sowohl die Planer als auch die Ausführenden betroffen. Denn für viele Bauherren sind die Leistungen in diesem Bereich austauschbar bzw. die Qualitäten wenig identifizierbar. Und ein Preiswettbewerb führt fast immer zu einer höheren Anfälligkeit von Korruption. Diesem Umstand gilt es entgegenzuwirken.
Mir persönlich ist dabei ein Zusammenhang wichtig: Das Thema der Korruption bevorzugt die Unternehmen mit den besten Zugängen und selten die mit der besten Qualität. Eine derartige Struktur verhindert Innovation und bessere Lösungen. Gerade Blue Buildings leben von einer besseren Haustechnik, einer smarteren Planung und einer qualitätsgesicherten Ausführung. Wir wollen gemeinsam sicherstellen, dass sich Leistung auszahlt und somit auch rechnet.
Welche Lösungsansätze schlagen Sie vor, um ethisches Handeln in der Bauwirtschaft zu fördern und zu sichern?
Kaufmann: Indem wir uns damit beschäftigen und dem Thema ein Bewusstsein geben. ÖGNI ist dabei ein Zusammenschluss von Unternehmen, welche diese Veränderungen fordern und auch umsetzen.
Wir setzen Zeichen, indem Pioniere vorangehen und zeigen, wie ethisches Handeln möglich ist. Aus diesem Grund haben wir als ÖGNI ein Zertifizierungssystem entwickelt, dem sich bereits mehr als zehn Unternehmen unterworfen haben. Ein erster Schritt, aber ein richtiger, dem noch viele folgen sollten.
Ethik am Bau rechnet sich
Unternehmen können sich jetzt auch für nachhaltiges und ethisches Handeln zertifizieren lassen.
- Smart Home – Made in Austria
- Editorial_4_2013