Heizung Klima-Lüftung

Grünes Gas ausbauen statt Heizungssysteme verbieten

Allianz für Grünes Gas / Richard Tanzer
Michael Mattes, BIM der Gas-, Sanitär- und Heizungstechniker (li.) und Johannes Wild, Berufsgruppensprecher der Immobilienverwalter in der Wirtschaftskammer Österreich.
Allianz für Grünes Gas / Richard Tanzer

Eine Million Haushalte heizt mit Gas und will dies weiterhin tun. Für sie ist Grünes Gas eine Zukunftsperspektive, weil sie damit ihre Heizgeräte klimaschonend betreiben könnten. Die Allianz für Grünes Gas macht sich für den flächendeckenden Ausbau stark.

von: Redaktion

Jeder vierte österreichische Haushalt heizt mit Gas. Diese bestehenden Heizsysteme können künftig klimaneutral und ohne umzurüsten mit Grünem Gas betrieben werden. Deshalb fordert die Allianz für Grünes Gas als Sprecherin der Gaskonsumentinnen und Gaskonsumenten den sofortigen Ausbau von Biogas/Biomethan Made in Austria als Alternative zu fossilem Importgas. Weiters spricht sich die Allianz für Technologieoffenheit aus, um neue Energielösungen möglich zu machen.

Gasgeräte sind nicht das Problem
Mit einer reinen Stromstrategie aus erneuerbaren Quellen wie Wind, Wasser und Sonne wird die Energiewende allein aufgrund der Verfügbarkeit von Energie nicht zu machen sein, und um günstigen Strom zu importieren, fehlt die Infrastruktur. Folglich ist eine Strategie, die ausschließlich auf Strom setzt, zum Scheitern verurteilt. Michael Mattes, Bundesinnungsmeister der Gas-, Sanitär- und Heizungstechniker: „Während der Ausbau des Stromnetzes hinterherhinkt, ist die Gasinfrastruktur in Österreich hervorragend ausgebaut. Gängige Gasgeräte funktionieren auch mit Grünen Gasen, also den Brennstoffen der Zukunft. Daher ist es ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll, die bestehenden Leitungen und Anlagen weiter zu verwenden – aber zum Beispiel mit Biomethan aus organischen Abfällen oder mit Wasserstoff. Technisch beherrschen wir das.“ Die Geräte im Haushalt lassen sich auch mit Grünem Gas wie gewohnt nutzen. Sie sind laut Mattes sogar noch energiesparender und effizienter, wenn Grüne Gase zum Einsatz kommen: Etwa moderne Gas-Brennwertgeräte oder Gas-Wärmepumpen, aber auch Heizungen mit Brennstoffzellen. „Österreichs Installateure sind jedenfalls auf den Umstieg auf Grünes Gas bestens vorbereitet“, sagt Mattes.

Konjunkturturbine Grünes Gas
Österreich verfüge laut der Allianz für Grünes Gas über enorme Potenziale für Grünes Gas. Das Heben dieser Potenziale sei nicht nur gut fürs Klima, sondern auch für Versorgungssicherheit und Wirtschaft. Der Bau neuer sowie der Umbau bestehender Biogasanlagen wirke wie ein Konjunkturprogramm: „Es schafft Arbeitsplätze, belebt die Wirtschaft und garantiert gleichzeitig die sichere Energieversorgung von Haushalten sowie Produktionsbetrieben.“ Ein erzwungener Heizsystemwechsel hingegen ist laut Experten unrealistisch und stellt obendrein einen sachlich nicht gerechtfertigten Eingriff ins Eigentumsrecht dar. Johannes Wild, Berufsgruppensprecher der Immobilienverwalter in der Wirtschaftskammer Österreich: „Verordnete Heizungswechsel sind pure Utopie, grüner Populismus und erinnern an das gescheiterte Modell der Planwirtschaft. Es ist klimafeindlich, unwirtschaftlich und reine Geldvernichtung, eine Million funktionsfähige Gasheizungen herauszureißen.“ Nach seinen Berechnungen koste das Ersetzen einer Gasheizung durch eine Niedrigtemperaturheizung rund 1.250 Euro je Quadratmeter. Bei einer 60-Quadratmeter-Wohnung bedeute das Kosten in von rund 75.000 Euro. Hochgerechnet auf eine Million Haushalte sind das 75 Milliarden Euro. Das wäre laut Wild „weder Vermietern noch Mietern zumutbar und finanzierbar. Darüber hinaus sind derzeit nicht nur Heizgeräte vergriffen, sondern auch Fachhandwerker knapp“. Das würde in vielen Fällen den Komplettumbau bedeuten. „Der Einbau eines neuen Heizsystems wäre ein massiver Eingriff in die Häuser – da bleibt nichts mehr, wie es einmal war. Denn es müssten Fußböden komplett herausgerissen werden, um dann einen neuen Estrich mit Fußbodenheizung zu verlegen, alte Radiatoren und Leitungen müssten ab-, neue technische Einrichtungen eingebaut werden. Am Ende müsste ein neuer Boden verlegt, die Wände verputzt und ausgemalt werden“, führt Wild weiter aus. 

Gaskunden brauchen Zukunftsperspektive
Was bisher fehlt, sind Rahmenbedingungen zur Förderung und Ausbau von Grünem Gas. Eine Million Haushalte mit einem bestehenden, funktionstüchtigen Gas-Heizungssystem braucht dringend eine realistische Zukunftsperspektive. Deshalb fordert die Allianz für Grünes Gas die Politik auf, beim Erneuerbaren-Wärme-Gesetz auf generelle Gasheizungsverbote zu verzichten. Wenn das Gesetz seinem Namen gerecht werden will, darf der Fokus nicht auf die jeweilige Heiztechnologie gelegt werden, sondern auf die eingesetzten Energieträger: Gasheizungen, die mit Grünem Gas aus Österreich klimaneutral betrieben werden, sind Teil der Energiewende und werden auch nach 2040 für wohlig warme Wohnungen sorgen.

Der Umstieg auf Grünes Gas ist realistisch, denn Österreich hat große Potenziale an biogenen Reststoffen. Das zeigt die Studie des Forschers Christoph Strasser vom Grazer Kompetenzzentrum Bioenergy and Sustainable Technologies GmbH (BEST). Das Ergebnis der „Machbarkeitsuntersuchung Methan aus Biomasse“: Österreich verfügt über ein Gas-Potenzial primär auf Reststoffbasis von bis zu vier Milliarden Kubikmeter.

Potenzial und Maßnahmen
Das gesamte theoretische Potenzial für Grünes Gas in Österreich im Jahr 2050 liegt bei rund zehn Milliarden Kubikmeter. Davon abgeleitet wurde ein realistisches Potenzial von rund vier Milliarden Kubikmeter. Dabei ist laut Strasser „sichergestellt, dass ausschließlich Reststoffe wie Waldrestholz oder Ernterückstände verwendet werden und es zu keiner Konkurrenz mit der Lebensmittelproduktion kommt“. Auch die Rohstoffversorgung für die holzverarbeitende Industrie in Österreich soll dadurch gesichert bleiben. Die tatsächliche Mobilisierung dieses Potenzials hängt von der Umsetzung einer Reihe von Maßnahmen ab. Die wichtigsten sind die Nutzung von Reststoffen und Abfällen aus allen Bereichen (Biotonne, biogener Anteil Restmüll, Klärschlamm, Gülle, Schlachtabfälle), die Aufrechterhaltung oder der Ausbau der Sägeindustrie in Österreich sowie die Nutzung von Grünlandbrachflächen bei gleichzeitiger Reduktion der Flächenversiegelung und Renaturierung von brachliegenden Gewerbe- und Industrieflächen.

Effektiver und sinnvoller Einsatz
Das aktuelle Energiesystem ist über Jahre entstanden und es braucht konkrete Pläne für die Zukunft. „Mittelfristig wird man sich überlegen müssen, wie der hochwertige Energieträger Grünes Gas am effizientesten eingesetzt werden soll“, sagt Strasser. Wichtige Einsatzbereiche für Grünes Gas sind in Zukunft die Hochtemperaturanwendungen in der Industrie und die Stromerzeugung zu Spitzenlast-Zeiten wie etwa im Winter, wenn zu wenig Energie aus erneuerbaren Quellen wie Sonne, Wind oder Wasser zur Verfügung steht.

Grünes Gas braucht Rahmenbedingungen
Vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine und des drohenden Embargos oder Lieferstopps von russischem Gas braucht es Alternativen. Eine solche Alternative zu importiertem Erdgas ist Grünes Gas „Made in Austria“. „Allerdings brauchen wir zunächst wirtschaftliche Rahmenbedingungen, damit Grün-Gas-Potenziale in Österreich gehoben und weitere moderne Anlagen für die Gaserzeugung gebaut werden können“, so Strasser. „Wir sprechen hier von Anlagen für die thermische Gaserzeugung aus Biomasse in der Größenordnung von 100.000 Tonnen Rohstoff-Input“, betont der Forscher. Für deren Planung und Errichtung braucht es einiges an Vorlauf. „Für eine zügige Umsetzung dieser Pläne benötigen wir deshalb rasch verbindliche Rahmenbedingungen, also Gesetze und Verordnungen, die den Bau und den wirtschaftlichen Betrieb solcher Anlagen ermöglichen“, so Strasser abschließend. 


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