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Universal Design – auch auf kleinstem Raum

Alle Fotos: © Cavere
Alle Fotos: © Cavere

Der „Gelbe“ sprach mit Peter H. Spitaler (Team Spitaler Büro für universelles Design), der sich seit mehr als 30 Jahren mit barrierefreien Nutzungskonzepten beschäftigt. Er verfolgt laufend die internationalen Entwicklungen und ist auch aktiv bei Normierungsvorhaben involviert. Als Mitglied von designaustria versucht er den Designzugang von universellem Design in Österreich zu etablieren.

von: Martin Pechal

Herr Spitaler, die meisten Menschen haben schon etwas über Barrierefreiheit gehört. Oft wird aber noch immer Unterschiedliches darunter verstanden. Was bedeutet eigentlich Barrierefreiheit, oder sollte man schon besser sagen universelles Design?

Peter Spitaler: Mein favorisierter Begriff ist „universelles Design“ – wir kommen intellektuell besser zurecht, wenn wir das Wort Barrierefreiheit gegen universelles Design tauschen.

Was genau ist mit universellem Design gemeint?

Peter Spitaler: Universelles Design denkt und agiert wesentlich weiter über den Tellerrand hinaus. Es ist ein internationaler Denkansatz, der unter anderem auch den Begriff barrierefreies Bauen inkludiert, aber eben noch vieles mehr. Der Mensch ist das Zentrum für die Designentwicklung und der Maßstab für die Funktion. Das ist deshalb so spannend, da der Mensch sehr divers ist und sich in keine Norm zwängen lässt. Lösungen müssen für alle funktionieren, ob Kind, kognitiv eingeschränkte Person, ältere Person usw. Eben einfach alle. Ziel ist es, für 100% der Menschen Umgebungen und Situationen zu schaffen, in denen sie optimal leben können.

Herr Spitaler, Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, diese Denkart und das notwendige Wissen darüber zu verbreiten. Wo können also unsere Leser_innen eine Weiterbildung zu diesem Thema machen?

Peter Spitaler: In Kooperation mit Austrian Standards habe ich einen umfassenden Lehrgang entwickelt und immer wieder auf den neuesten Wissensstand gebracht. In Österreich gibt es leider sehr wenige Ausbildungsmöglichkeiten, die sich mit dem Thema Barrierefreiheit so intensiv und fachübergreifend beschäftigen wie in diesem Lehrgang. Einige Universitäten bieten zwar fachspezifische Seminare im Zuge des Studiums an, die ein guter Einstieg zu dem Thema sein können. Das interdisziplinäre Denken bleibt dabei oft auf der Strecke. Der Lehrgang ist für alle Berufsgruppen offen, nur so kann ein übergreifender Dialog stattfinden. Haustechniker_innen diskutieren mit Physiotherapeut_innen, Bautechniker_innen mit Informationsdesigner_innen. Gemeinsam entwickeln sie universelle Lösungen, die die Gesellschaft benötigt.

Das klingt spannend! Was können sich Interessierte denn von dem Lehrgang genau erwarten?

Peter Spitaler: Gemeinsam mit der Unterstützung von 10 Experten versuchen wir zuerst, das Durcheinander an Begriffen zu klären und umfassender zu denken, ohne aber auf bewährtes Wissen zu verzichten. Wir klären, warum universelles Design vielleicht der bessere Weg ist und ob Europa ohnehin schon auf diesen Zug aufgesprungen ist. In insgesamt 56 Lehreinheiten, die meisten davon online, setzen wir uns mit dem Bereich intensiv auseinander. Das beginnt bei rechtlichen Rahmenbedingungen, geht weiter über Themen wie anpassbarer Wohnbau, biegt ab Richtung Sanitärbereiche und endet bei interessanten Designinstrumenten. Ziel des Lehrgangs ist es, möglichst viele Themen vorzustellen, damit die Teilnehmer in weiterer Folge selbst entscheiden können, was sie für ihre tägliche Arbeit benötigen. Auch Künstliche Intelligenz (KI) im Designprozess wird dabei nicht vergessen.

Unsere Zeitung wird vermehrt von Installateur_innen gelesen. Wird auch auf diese Gruppe inhaltlich eingegangen?

Peter Spitaler: Natürlich, wie gesagt, es wird auch die Technik nicht zu kurz kommen. In einer barrierefreien Umgebung muss auch auf die technische Ausstattung Rücksicht genommen werden. Dazu gehören auch funktionale Badezimmer oder smarte Heizungsanlagen, etc. Der anpassbare Wohnbau ist in fast allen Bauordnungen Österreichs festgeschrieben. Planer_innen entwickeln daher Wohnungsgrundrisse, die bei Bedarf leicht umgestaltet werden können, ohne die wesentliche Struktur eines Gebäudes zu stören. Kreativität und Know-how sind dabei gefragt, auch von den Installateur_innen. Nicht nur ein Wendekreis mit 150 cm Durchmesser macht ein barrierefreies Bad aus, sondern noch viele andere Kriterien. Anfahrflächen, Montagehöhen und Bedienelemente sind ebenso wichtig. Daran erkennt man den Profi, der die Kund_innen auch dazu ausreichend beraten kann. Die höchste Kunst der Installateur_innen ist es also, auch mit geringen Bodenflächen optimale Ergebnisse zu erzielen.

Am Ende des Lehrgangs kann man das Personenzertifikat zum Experten für barrierefreies Gestalten gebauter Umwelten erwerben. Was ist da alles zu tun?

Peter Spitaler: Nach der Absolvierung des Lehrgangs hat man die Möglichkeit, sich zertifizieren zu lassen. Das ist ein zweiteiliges Verfahren und besteht aus einer schriftlichen Arbeit und einer kommissionellen Prüfung.

Für viele Berufstätige ist eine Weiterbildung eine zeitliche Herausforderung. Haben Sie hier ein attraktives Angebot?

Peter Spitaler: Ja! Wir sind auf ein Blended-Learning-Format umgestiegen. Der größte Teil der Unterrichtseinheiten wird mittels Videosoftware angeboten. Die einzelnen Ausbildungsblöcke sind sehr kompakt. Es gibt Nachmittagsmodule mit je 4 Einheiten, man wird daher nicht so sehr aus seiner täglichen Arbeit herausgerissen. An zwei Tagen geblockt müssen die Teilnehmer nach Wien kommen. An diesen Tagen finden Besichtigungen, Workshops und Selbsterfahrungstrainings statt.

Was ist das Ziel des Lehrgangs und wohin soll der Weg gehen?

Peter Spitaler: Wenn wir es geschafft haben, die Teilnehmer_innen für das Thema universelles Design zu interessieren, dann sind wir schon einen wesentlichen Schritt weiter, die Welt ein klein wenig besser zu machen. Natürlich ist es in 56 Lehreinheiten nicht möglich, einen Universaldesigner aus den Teilnehmer_innen zu machen, ich denke aber, wir haben eine gute Basis dafür geschaffen, um darauf aufbauen zu können.

Wohin kann ich mich wenden, wenn ich noch mehr über den Lehrgang wissen möchte?

Peter Spitaler: Einfach bei mir anrufen, ich stehe jederzeit gerne zur Verfügung.

Peter H. Spitaler (Seniordesigner, CEO)

Akademischer Designer und Access Consultant, Gründer und CEO von „Team Spitaler Büro für universelles Design“. Er beschäftigt sich seit mehr als drei Jahrzehnten mit nutzerzentrierten Designlösungen und universellen Nutzungskonzepten. Er entwickelt, betreut und begleitet Projekte in ganz Europa. Seit 2017 aktives Mitglied der ON-AG 011 05 barrierefreies Planen und Bauen. Er ist Vortragender an Universitäten und Bildungseinrichtungen und publiziert laufend in Fachzeitschriften. Seit 2018 auch Fachprüfer und Lehrgangsleiter des Lehrganges „zertifizierter Experte für barrierefreies Gestalten gebauter Umwelten“.

Web: www.teamspitaler.at; Mail.: office@teamspitaler.at 

Factbox:

Lehrgang Zertifizierte*r Experte*in für barrierefreies Gestalten gebauter Umwelten 2024

 

  • 6 Onlineblöcke mit insgesamt 39 Einheiten
  • 2 bis 4 Einheiten Selbststudium
  • 1 Präsenzblock mit jeweils 2x8 Einheiten

Zielgruppe: Der Lehrgang ist für alle Berufsgruppen offen.

Das Ausbildungsziel: Der österreichische Gesetzgeber regelt zwar grundlegend die Anforderungen für barrierefreie Qualitäten, es bleibt aber den Fachleuten überlassen, die besten Lösungen zu finden, um den Anforderungen gerecht zu werden.

Termine: Der Lehrgang mit insgesamt 56 Lerneinheiten startet am 18. September 2024 und dauert bis zum 13.  November 2024. Danach besteht die Möglichkeit, mittels einer Prüfung ein Personenzertifikat zum Experten für barrierefreies Gestalten zu erwerben.

Weitere Infos: www.austrian-standards.at; Mail: designforall@teamspitaler.at


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