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Im Spannungsfeld zwischen Brandschutz und Barrierefreiheit

Alle Fotos: © GEZE
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Sanieren, Renovieren oder Umbauen von Bestandsgebäuden sind die häufigsten, aber mitunter auch die schwierigsten Bauvorhaben. Gerade Themen wie Brandschutz und Barrierefreiheit sind oftmals schwer umsetzbar, da sie sich aufgrund der vorhandenen Bausubstanz nur eingeschränkt bewerten lassen. Kommen die Anforderungen beider Disziplinen zusammen, stellt das die Planer vor große Herausforderungen.

Wie bei der Planung barrierefreier Gebäude die Spannungsfelder gelöst werden können, erklären im GEZE-Studio die beiden Fachexperten Stephanie Dietel und Josef Faßbender.

Barrierefreies Bauen: ein fester Bestandteil in der Praxis

Barrierefreies Bauen hat sich in den letzten Jahren etabliert und ist in vielen Bauvorhaben zu einem festen Bestandteil geworden. „Zu beachten sind die lokalen Unterschiede. In den Bundesländern, die das Barrierefrei-Konzept bzw. die Nachweispflicht zur Barrierefreiheit im Genehmigungsverfahren eingeführt haben, herrscht eine höhere Sensibilität“, sagt Stephanie Dietel, Diplom-Architektin und Fachplanerin für barrierefreies Bauen. 

Ebenso ist die Größe des Bauvorhabens von Bedeutung. Bei komplexen Bauprojekten, die ein großes Planungsteam aus Objekt-, Fachplanern, Bauspezialisten und Projektsteuerern aufweisen, spielt die Barrierefreiheit eine zentrale Rolle. „Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass viele Bauvorhaben eine Nachhaltigkeitszertifizierung durchführen und die Barrierefreiheit ein wichtiges Zertifizierungskriterium ist“, so die Expertin.

Barrierefreiheit und Brandschutz frühestmöglich berücksichtigen

Der Anteil an Bestandsgebäuden und die damit verbundene Revitalisierung wird auch in Zukunft weiter zunehmen. Umso wichtiger ist es, Barrierefreiheit und Brandschutz frühestmöglich in die Planung einzubinden. „In der Regel kommt der Sachverständige erst ins Spiel, wenn die Planungsphasen bereits abgeschlossen sind und die Tatsachen am Gebäude feststehen. Meiner Erfahrung nach ist es für das Projekt jedoch sehr hilfreich, wenn der Blick von außen zu einem früheren Zeitpunkt erfolgt“, sagt Brandschutzexperte Josef Faßbender.

Dem stimmt auch Stephanie Dietel zu: „Oftmals werde ich erst im Zuge des Genehmigungsverfahrens eingeschaltet, wenn Defizite in der Barrierefreiheit auftreten und entsprechende Nachforderungen vorliegen. Zu diesem Zeitpunkt kann ich lediglich Schadensbegrenzung betreiben. Ziel ist es jedoch, die Barrierefreiheit Entwurfs-optimiert und, wenn möglich, kostenneutral in die Planung zu integrieren. Das gelingt nur, wenn diese rechtzeitig berücksichtigt wird.“

Herausforderungen beim Brandschutz: die Identifikation des Ist- und Soll-Zustands

Die Herausforderungen bei Umbaumaßnahmen im Bestand bestehen darin, die neuen Anforderungen an die vorhandenen baulichen Gegebenheiten anzupassen. „Das größte Problem und gleichzeitig spannendste Thema bei Feuerschutzabschlüssen im Bestand ist die Bewertung des Ist- und Soll-Zustands und der Abgleich mit den geltenden Regelungen bzw. der Bauartgenehmigung“, so Josef Faßbender. Die Identifizierung von alten Türen und Feuerschutzabschlüssen kann problematisch sein, wenn Profilserien nicht ausreichend gekennzeichnet sind bzw. der Abgleich mit Zulassungen und Herstellervorgaben fehlt. Demnach gilt es, zuerst festzustellen, ob die Baugenehmigung noch gültig ist und gegebenenfalls neue Brandschutz- oder Fluchtwegekonzepte, baurechtliche Anforderungen und die anzuwendenden Normen und Richtlinien berücksichtigt werden müssen.

Funktionale Anforderungen an barrierefreie Baumaßnahmen

Eine Sanierung, die durch Neubauteile ergänzt wird, erfolgt uneingeschränkt gemäß dem Wortlaut der DIN 18040. Mit Blick auf den Bestand und den Bauteilen, die im Zuge der Umbaumaßnahmen bearbeitet werden, ist eine sinngemäße Anwendung der DIN 18040 möglich. „Der größte Vorteil besteht darin, dass mehr Spielraum in der Umsetzung gegeben ist. Lassen es die bestehenden baulichen Gegebenheiten nicht zu, ist eine Abweichung der Norm gewährleistet“, erklärt Stephanie Dietel. „Bei der sinngemäßen DIN 18040 steht weniger die DIN-konforme Barrierefreiheit als vielmehr die funktionale Barrierefreiheit im Fokus. Beim Ausbilden einer Rampe beispielsweise ist auch eine Neigung von mehr als 6 Prozent zulässig, wenn es die bestehenden baulichen Gegebenheiten nicht anders zulassen. Allerdings darf diese nicht mehr als 8 Prozent betragen, da andernfalls das selbständige Befahren mit dem Rollstuhl nicht möglich wäre.“

Brandschutz- und Barrierefrei-Konzepte als „roter Faden“ für alle Beteiligten

Neben Brandschutzkonzepten gibt es in einigen Bundesländern inzwischen auch Barrierefrei-Konzepte (BFK). „Grundsätzlich empfehle ich Barrierefrei-Konzepte bei komplexen Bauaufgaben, die unterschiedliche Anforderungen an die Barrierefreiheit mit sich bringen und über das Baurecht hinausgehen“, so Stephanie Dietel. „Gerade bei Bauaufgaben im Bestand sind sie ein wertvolles Hilfsmittel, um den Planern eine sinngemäße und schutzzielorientierte Anwendung der DIN 18040 zu ermöglichen. Für die Planung bedeutet dies nicht selten Abweichungen, Kompensationsmaßnahmen oder die Erläuterung der funktionalen Barrierefreiheit – und das alles in Bezug auf den baulichen Kontext.“ 

Der Mehrwert des Barrierefrei-Konzepts zeigt sich in verschiedenen Punkten: Zum einen wird darin die objektkonkrete Aufgabenstellung formuliert, das bedeutet, die baurechtlichen Anforderungen sowie die Wünsche, die der Bauherr oder Nutzer hat. Darüber hinaus bildet es den „roten Faden“ durch den Planungs- und Bauprozess: Alle an der Planung und Ausführung Beteiligten wissen somit zu jeder Zeit, was im Hinblick auf die Barrierefreiheit zu leisten ist und wo sich Schnittstellen zu anderen Fachplanungen ergeben.

Enge Verzahnung zwischen Brandschutz und Barrierefreiheit

Um eine barrierefreie Selbstrettung im Gebäude zu ermöglichen, ist eine enge Verzahnung der beiden Fachbereiche notwendig. Das stellt viele Gebäudebetreiber vor große Herausforderungen: Im Ernstfall müssen Brandschutztüren schnell und sicher schließen, im Alltag besteht der Wunsch nach komfortablem und barrierefreiem Begehen dieser Türen. „Vor allem für Rollstuhlnutzer gerät der vertikale Rettungsweg über die Treppe oder auch der horizontale über die Brandschutztüren schnell zum Hindernis. Hier bildet sich eine klare Schnittstelle zwischen Barrierefreiheit und Brandschutz mit dem Ziel, eine geeignete barrierefreie Rettungskonzeption zu entwickeln“, erklärt Stefanie Dietel.  

Um die komplexen und oftmals widersprüchlich erscheinenden Anforderungen an Brandschutztüren realisieren zu können, müssen Brandschutz- sowie barrierefreie Fluchtwegkonzepte zusammenpassen und frühzeitig in der Planung eingebunden werden. „Hier ist insbesondere das Nachrüsten von Tür-Antrieben zu prüfen – beispielsweise, inwiefern die Vorrüstung von Elektroöffnern gegeben oder der Einbau eines Motorschlosses möglich ist – um einen effektiven Rauch- und Wärmeabzug zu gewährleisten“, so Josef Faßbender.

Toleranzen bei Bewegungsflächen im Bestand

Bautoleranzen und Maßabweichungen lassen sich auch beim barrierefreien Bauen nicht völlig vermeiden und führen immer wieder zu Streitigkeiten und Haftungsfragen. Bei den in der DIN 18040 angegeben Maße handelt es sich um sogenannte Fertigmaße, die nach Fertigstellung des Gebäudes im Lichten gewährleistet sein müssen. „Grundsätzlich empfehle ich den Planern, Maßabweichungen, Toleranzen und kleine Puffer für dekorative Elemente zeitnah in die Planung zu integrieren“, sagt Stephanie Dietel. „Kommt es dennoch zu Abweichungen in der Ausführung, wie es im Bestand der Fall sein kann, erfolgt eine Einzelfallbetrachtung, bei der zu prüfen ist, ob die beabsichtigte Funktion trotz Einschränkung der Bewegungsfläche immer noch zur Verfügung steht.“

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